Texte

Jurgen Weichardt
Struktur und Zeit
Städtische Galerie Iserlohn 1995
Ewa Zygalskas Arbeiten fordern zum Philosophieren heraus,
auch wenn sie sich zunächst an die Augen wenden.
Genaues Hinsehen ist Voraussetzung jeder Analyse. Der Zugang
zu den Bildern von Ewa Zygalska ist einfach, denn sie beruhen auf einfachen
Strukturen.
Das auffälligste Element, das nahezu alle Arbeiten gemeinsam haben, sind die
horizontalen Streifen. Sie sind auf Fläche aus Sperrholz aufgeklebt und bestehen
aus Papier. Sie wurden aus Bildern herausgeschnitten, die für diesen Zweck
gearbeitet worden sind. Ewa Zygalska malt, um zu zerschneiden, und setzt ihre
neuen Arbeiten aus Materialien verschiedener Bilder wieder zusammen. Die
informelle Malerei, die selbst Chaos spiegelt, wird zerstört, und aus den Resten tritt
eine neue Ordnung hervor.
Den Arbeiten von 1993 gingen Bilder voraus, in denen die Streifen vertikal oder
diagonal oder in Winkelform angebracht waren. Ihre Wirkung wurde von
geometrischen Formen bestimmt, die die eigentliche Bildoberfläche überlagert
haben.
Solche Bilder haben denen der Malerei mit Zeichen, mit Signalen und Konstruktionen
nahegestanden: sie haben eine Brücke zur Tradition des Konstruktivismus
geschlagen, zu denen sich die Künstlerin formal vielleicht hingezogen fühlte.
Aber da war noch etwas anders. Unter und zuweilen auch über den letztgenannten
Bildkompositionen, die mit dem Winkel sind die horizontalen Reihungen schon
vorhanden gewesen. Die Zweischichtigkeit, ja sogar eine Merschichtigkeit ist
offensichtlich. Der Eindruck von Malerei tritt schnell hinter dem von Matärialität
zurück. Die Oberfläche rein horizontal gerichteter Strukturen wie bei den
Zeichnungen hat in ihrer Gleichmäßigkeit wohl zunächst Feldcharakter und wird
gerade durch die einzelnen Streifen von allen illusionistischen Inhalten befreit. Auch
die Winkelform verliert dabei ihren Anspruch, geometrisches Zeichen zu sein; sie
wird durch die Überlagerung mit vereinzelten streifen eine in ihrer symmetrischen
Ordnung gestörtes Element.
Jede gute Kunst ist die einer Reduktion – Ewa Zygalska hat gut daran getan, diese
Kompositionen stringenter zu machen. Die Bilder mit horizontalen Streifen tragen
unterschiedliche Strukturen die im einfachsten Fall aus einem vertikal oder diagonal
geführten Strich, sonst aus Häufungen von Linien bis zu schraffuren, sogar bis zu
Flächenhaften Verdichtungen von Farben und Schwarz bestehen. Immer wieder
taucht besonders in den Zeichnungen diese eigentümliche Beziehung zum Raum
auf, diese auf ein Feld von Schwarz anspielende Einheit.
Weitere Bilder mit ähnlicher Bauweise zeigen, daß die Streifen nicht nur
nebeneinander, sondern auch mit leichter Neigung übereinander geklebt werden
können. Was zunächst als ein Ordnungsfaktor aussieht, ist durch eine leichte, fast
zufällig erscheinende Verschiebung Unordnung geworden. Diese entsteht auch
dadurch, daß einzelne Streifen über die Bildkontur hinausgeführt werden. Sie
entlarven die Festigkeit der Oberfläche, sie machen deutlich daß diese beweglich
und empfindsam ist. Solch eine Reihung oder Schichtung vermittelt keine Sicherheit,
assoziiert vielmehr eine Art Unordnung, die auch Unruhe genannt werden kann.
Zeichnung und Malerei auf den Streifen und deren Verlagerung selbst aus der
geordneten Reihung führen von einer Gleichmäßigkeit oder Metrik der Oberfläche
des Bildes hin zur Betonung von Schwerpunkten. Diese reichen von einzelnen
weißen Orten auf den Streifen der Zeichnungen, also relativ kleinen, aber gut
sichtbaren Akzentuierungen bis zu dominanten malerischen Flächenteilen, die am
Ende im Einzelfall sogar ornamentalen Charakter haben können. Ich lasse sogar
diesen Begriff „ornamental“ einmal so stehen, weil er mir bei Arbeiten von Ewa
Zygalska wie bei entsprechenden Künstlerinnen und Künstlern ein vielleicht
unerwartetes, vielleicht gesuchtes Nebenergebnis ist, ein geometrisches Ordnungs –
element, das Halt in der offenen Oberflächenspannung geben kann.
An die Stelle der Zeichnung oder Farben können andere technische Vorgänge wie
Ritzen und Reißen treten, ohne im wesentlichen dadurch die methodische
Darstellungsweise von Ewa Zygalska in Frage zu stellen. Natürlich ist es mental und
handwerklich etwas anders, wenn jemand reißt und ritzt, als wenn er zeichnet oder
malt, und um die Interpretation dieser Methoden kommen wir nicht herum; und doch
wird am visuellen Ergebnis dadurch wenig verändert. Diese Technik des Ritzens, des
Eindringens in die Oberfläche ist der des Schneidens der Streifen enger verwandt
als Zeichnen oder Malen. Wir sollten uns von Augen halten, daß die Künstlerin
zuweilen sehr eng miteinander verbundene Techniken verwendet, um ihrer
Bildvorstellung gerecht zu werden. Diese hat etwas mit den Polaritäten Ordnung,
Unordnung, System und Störung, Gefüge und Chaos zu tun. Wir können diese
polare Spannung sogar bis zum Begriffspaar heil und verletzt verlängern, denn was
Ewa Zygalska unternimmt, ist auch eine Verletzung der Oberfläche, wenn sie ritzt
und reißt.
Die Farbwahl ist sehr zurückhaltend; Erdfarben dominieren, manchmal taucht
darunter ein wie von fern heraufleuchtendes Blau auf, auch Orange – Töne geben
der grau-braun-schwarzen Tonigkeit intensivere Akzente. Sie konterkarieren den
formalen Ansatz dieser Kompositionen, in der Bildmitte mit einem Rechteck eine
Dreiteilung vertikaler Art herbeizuführen, indem sie stärker leuchten als die
geometrische Ordnungsform. In den letzten Werken tritt der Decollage-Charakter,
eben der der scheinbaren Zerstörung, deutlicher in den Blickpunkt; er wird aber ganz
der Struktur der Komposition, die wohl erst mit seiner Hilfe herbeigeführt worden ist,
untergeordnet. Denn alle Störungsformen sind tatsächlich Elemente geworden, die
sich einfügen. Das gilt auch für die aus Segmenten zentral aufgebauten
Kompositionen, mit denen Ewa Zygalska die rechteckige Form der Bilder verläßt und
schon flächige Objekte macht. Sie lassen erkennen, daß es ein wesentliches Ziel
unserer Künstlerin ist, wie die Natur und parallel der Natur zu arbeite, dabei aber
weder figurativ noch gegenständlich zu werden.
Vor Jahrzehnten hatten wir einmal den Begriff der Materialgerechtigkeit gepflegt, und
Ewa Zygalskas Bilder hätten unter diesem Stichwort brilliert; sie macht den modischpostmodernen
Weg materieller Fehlleitung und Spekulation nicht mit. Das hat
allerdings auch kunsthistorische Gründe. Wir sind immer noch geneigt, in der
Künstlerin eine polnische Künstlerin zu sehen. Sie nimmt eine polnische Tradition
auf, die eine der Quellen der europäischen Moderne gewesen ist – die Theorie von
Wladyslaw Strzeminski. Die These Strzeminskis lautet, auf den Nenner gebracht: Auf
einer Bildfläche weis nichts über den Rand des Bildes hinaus, nur das, was auf der
Fläche zu sehen ist, hat Bedeutung und zwar nur für die Komposition. Kein
Illusionismus, keine Erzählung.
So sollten wir auch Ewa Zygalskas Werk betrachten, zumal wir wiederholt gesehen
haben , daß die Künstlerin die Möglichkeiten der Illusion eliminiert: die Werke
transportieren keine narrativen Inhalte, selbst der horizontale Zeilencharakter ist nicht
mit einem Landschaftshorizont zu verwechseln.
Stattdessen offerieren die Bilder eine Zellenstruktur, die weit tiefer geht als die nur
horizontale Abfolge von Streifen. Jeder Strich teilt einen Streifen, jede Linie
unterbricht den Verlauf, jeder Farbfleck hemmt die Weiterführung der Horizontlinie
des Einzelnen Streifens. Diese Kräfte, die sich allein auf der Oberfläche ausdehnen,
haben nur für sich selber Bedeutung. Sie können so stark werden, daß sie die
dominante Struktur überlagern und vielleicht wieder kleine autonom scheinende
Binnenflächen entwickeln. Aber auch diesen ist kein anderer Sinn gegeben als auf
der Oberfläche des Bildes Funktionen der Materialität wahrzunehmen.
Angesichts dieser engen Bindung der Bildmaterialien an die Oberfläche ist es
eigentlich vermessen, von „Raum“ innerhalb dieser Arbeiten zu sprechen.
Tatsächlich aber gehört dieser ganz unmittelbar zu der Kombination hinzu, konkret
durch die haptische Eigenschaft der Streifen, durch die winzigen Zwischenräume und
nicht zuletzt durch die Überlagerungen der Streifen, die neue, ganz kleine Räume bei
den Schnittstellen schaffen. Diese Räume sind real, sie sind tastbar. Sie tragen,
beeinflussen das Licht, das auf die Bilder fällt. Ihre Anwesenheit gibt dem Licht auch
das Antipodische, den Schatten. Ganz leise vermischen sich beide mit den Farben
auf der Bildoberfläche, mit Schwarz und Weiß was zu Irritation führt, und zu einer
Vibration, wenn die Lichtquelle wandert. Das philosophische Gespräch über Bilder,
die auf einfachen Strukturen beruhen, befaßt sich mit den offenen Begriffen „Zeit“
und „Raum“. Wir meinen zwar, mit diesen etwas anfangen zu können, aber
angesichts der Bilder von Ewa Zygalska werden Vorstellungen und Erfahrungswerte
gegenüber Zeit und Raum wieder zweifelhaft.
Am eindrucksvollsten ist die Darstellung des Phänomens der Zeit. Der
Zellencharakter, der in jedem Streifen durch die Unterteilungen offenbar wird, deutet
an, wie sehr die einzelne Arbeit, die eines ganzen Bildes mit dem Leben der
Künstlerin verbunden ist. Eine Einheit des Bildes, ob groß oder klein, ist tatsächlich
und nicht nur symbolisch eine Zeiteinheit ihres Lebens. Leben und Werk sind
identisch, ihr Ausdruck differiert im Detail. Es kommt der Künstlerin offenbar darauf
an, diese Identität ihres Lebens mit der Zeit nachvollziehbar, wenigstens spürbar zu
machen. Es mag dem Temperament der Malerin entsprechen, daß diese Zeit-
Identität unregelmäßig, mal mehrere Einheiten, mal eine reduzierte Einheit umfassen
kann.
Während es andere Künstler und Künstlerinnen gibt, die dieses Phänomen auf einen
syntaktisch einheitlichen Bildbegriff gebracht haben. Aber für das Werk von Ewa
Zygalska ist diese Unwägbarkeit, diese Offenheit charakteristisch, hat sie nicht
immer wenn etwas ganz fest und systematisch schien, die Gegenposition
wahrgenommen und Störungen eingebracht und damit Unregelmäßigkeit, Unruhe,
provoziert? Sie ist mit dieser Methodik dem realen Leben näher als jeder figurele Akt.


Günter Drebusch
Im Frühjahr 1993 sah ich in der Iserlohner Zimmer Galerie zum ersten Mal einige
Decollagen von Ewa Zygalska. Von Anfang an beeindruckten mich die verblüffende
Konsequenz und die nachhaltige Intensität, mit denen die aus Polen stammende
junge Künstlerin ihre verhältnismäßig großen, schwarzen Bildgründe bearbeitet.
Die Polin hat das Prinzip der Decollage nicht erfunden. Diese Erfindung
beanspruchte der 1970 verstorbene deutsche Künstler Reinhold Koehler für sich.
Als 23jähriger Soldat will er im 2.Weltkrig vor der russischen Stadt Rshew liegend im
Jahre 1942 erstmals Bilder hergestellt haben, indem er von Pappkartons
oberflächliche Papierschichten losgelöst und abgerissen habe, wie er mir einst
Erzählte. Trotz Seines erbitterten Streits mit Wolf Vostell am Anfang der 60 Jahre
Um die Priorität dieser Erfindung wäre das Datum allenfalls eine Marginalie wert.
Technische Neuerungen zählen in der Kunstgeschichte nämlich zu Recht nichts.
Anderenfalls wäre Alois Senefelder, der Erfinder der lithographischen Technik, ein
bedeutenderer Künstler gewesen als Francisco de Goya, der sich als einer der
ersten dieses Verfahrens bediente, – was er natürlich nicht war.
Koehler nahm gegen Ende der 50er Jahre das Prinzip der Decollage wieder auf,
perfektionierte es und führte es zu künstlerisch gültigen Lösungen.
Das letztere machte – neben anderem – seinen Rang aus. Die Blätter, die er
zwischen 1958 und 1963 in dieser Technik schuf, waren seriell beeinflußte,
ungegenständliche und zumeist in strengem Schwarz – Weiß gehaltene
Kartonarbeiten. Anders bei den gleichzeitigen Decollagisten des „Nouveau Realisme“
wie Francois Dufrene, Raymond Hains, Mimmo Rotella oder Jacques
De la Villegle, die sich am Antikkunst – Gedanken des Marcel Duchamp orientierten
und die im Abrißbild nie mehr sahen als ein Relikt des Abreißens, war für Koehler die
decollage immer auch ein Medium des bewußten Komponierens und Gestaltens.
30 Jahre später knüpfte Ewa Zygalska an diese Tradition an, ohne allerdings weder
das Werk noch den Namen Koehlers zu kennen. Solche unbewußte Affinitäten und
Verwandtschaften kommen in der Kunstgeschichte öfter vor, als das gemeinhin
bekannt ist. Über Generationen hinweg können sich so geistige Verbindungen bilden,
die ihre Träger oftmals am meisten überraschen. Zwar spielt auch für die junge
Künstlerin der Reliktcharakter der Decollage nur eine minimale
Rolle, auch für sie ist die Technik nur ein Weg komplizierter und komplexer
Bildfindung, aber die Unterschiede zu Reinhold Koehlers Arbeiten sind doch evident
und faszinierend zugleich.


Uwe Obier
Die Enge und Anderes
Museen der Stadt Lüdenscheid
Sammlung der Städtischen Galerie Lüdenscheid 2002-2003
Erstmals sah ich Arbeiten von Ewa Zygalska, als sie sich für das
Märkische Stipendium 1993 bewarb.
Es waren großformatige Zeichnungen, die Überlagerungen
von Hölzern zeigten und auf dem zweidimensionalen Zeichengrund, nämlich Papier, eine
Räumlichkeit schufen, wie man es bei Zeichnungen selten erlebt.
Vor ungefähr 8 Monaten hatte ich die Gelegenheit, eine Fotomappe der Künstlerin
durchzublättern. In dieser Mappe entdeckte ich unscheinbar kleine konstruktive Arbeiten aus
Papier, die die Künstlerin in der Natur an Bäumen, zwischen Bäumen,an Hecken, usw.
installiert hatte. Man mußte selbst auf den Fotos schon genau hinsehen, um diese kleinen
Arbeiten in der Natur zu entdecken. Das animierte mich zu der Ausstellung
„Die Enge und Anderes“, an der Ewa Zygalska seit dieser Zeit arbeitete.-
Die Enge kennen Sie, das Andere müssen sie in der Sammlung suchen.-
Es war eine spontane Entscheidung, die natürlich auch die Künstlerin begeisterte. Sie betrat
Neuland, mußte sie sich doch jetzt auf Innenräume einstellen, die zumal noch mit Kunst
besetzt sind.
Ewa Zygalska arbeitete für einen konkreten Ort, in einer anders fordernden Umgebung als
der eines ruhigen Ausstellungsraumes oder der Natur. Nicht nur künstlerische
Auseinandersetzung mit dem Raum, sondern auch mit den im Raum befindlichen fremden
künstlerischen Ereignissen – seien es Zeichnungen, Bilder, Skulpturen oder Installationen.
Die fragilen, puristischen, aus in unterschiedlich breiten Streifen geschnittenem und
gefalzten weißen Karton um formgebende Drähte geklebte Objekte, werden auf der Wand
oder an der Decke befestigt. Sie atmen frei, von nichts eingeengt, folgen sie den
eigenwilligen Formvorstellungen der Künstlerin. Sie schaffen Raum in Raum und bedürfen
Licht und Schatten.
Die Arbeiten Ewa Zygalskas sind skulpturale Ereignisse besonderer Art. Sie ruhen allein in
sich und verweisen auf nichts, außer sich selbst.
Allein der Betrachter kann das Objekt jenseits von Wörtern, vorausgesetzt er hat Lust, Zeit
und Kraft, beleben. Und wenn er gar bereit ist, sich psychologisch in den
Gestaltungsprozess der Objekte der Künstlerin zu integrieren, entstehen für den Betrachter
Vibrations – und Bewegungseffekte, wie man sie von der passiven kinetischen
Kunst, die hier im Hause ja reichlich vertreten ist, kennt.
Der Kunstkritiker und expressionistische Schriftsteller Carl Einstein schrieb vor 70 Jahren:
„ das Geschaute ist Teil der Handlung des Betrachters, der es gemäß der Abfolge seiner
subjektiven optischen Eindrücke ordnet.“ Diese Kunst wirkt auf den Betrachter
laut, leise oder gar am Rand des Verstummens. Die Augen sind aufzutun. Wegsehen
oder Übersehen ist möglich, doch der Wegsehende macht sich selbst arm. Auch heitere
Gedanken, oder gar ein Lächeln sind zugelassen – trotziger Bierernst bringt nichts.
In den Arbeiten, die hier in den Räumen gezeigt werden,verzichtet die Künstlerin ganz
und gar auf Farbe.
Dass sie aber mit Farbe umgehen kann, zeigen 3 von den 7 Screens, die im
Skulpturengarten ihren Platz gefunden haben, und deren Farbkerne witterungsabhängig
reagieren. Die Sonne bringt sie zum Glühen, ein bedeckter Himmel holt sie
in ihre Normalität zurück. Sie werden von Licht und Schatten umspielt ,verändern sich
ständig und spenden dem Betrachter Freude.
Auch diese Formulierungen der Künstlerin sind eindeutig und klar.
Es gelingen beispiellose artistische Setzungen, die ihrem eigenen Farb-und Formprinzip
folgen. Die Objekte erzählen nichts. Sie sind das, was sie sind, als das sie
erscheinen. Nicht mehr.
Raum und wie sie ihn empfindet, ist das zentrale Thema Ewa Zygalskas in der
Ausstellung. Raum zwischen Tür und Boden,
Türraum, Raum zwischen zwei Wänden, Raum zwischen Decke
und Boden, aber auch der Raum zwischen Gedanken und Wirklichkeit.
Die Leere des Raumes, die Leere die jeder anders empfindet.
Die Leere in Seele und Geist- tabula rasa, als Zustand.
Schließen möchte ich mit 2 kurzen Zitaten von Ewa Zygalska
aus einem Gespräch mit ihr:
„ In der Leere befinden sich Reichtümer“
„ Es ist faszinierend, die Leere formen zu können“


Dr. Rüdiger Sareika
„ Dlatego – Deshalb leben wir“
„Eine neue Sprache zu lernen bedeutet, alles, was uns bis jetzt vertraut war, aufs Neue zu entdecken:
Sonne. Himmel. Gras. Baum. Wasser. – Slonce. Niebo. Trawa. Drzewo. Woda.“1
Mit diesem Satz artikulieren Marlies Obier und Ewa Zygalska ihre Erfahrungen eines intensiven Austausches zwischen Polen und Deutschland sowie zwischen poetischer Sprache und Werken bildender Kunst.
Im Vordergrund steht immer wieder der Prozess des Übergangs zwischen verschiedenen Welten. So
entstehen die Werke der Polin, die in Deutschland lebt, und die der Deutschen, die sich in die Welt
Polens einfühlt. Solche Übergänge fordern und fördern uns: „Deshalb leben wir!“
Diese Übergänge und das Gelingen des Lebens sind abhängig von unserem Repertoire an Worten
und Bildern, aus denen wir Wege zum Verstehen und Aneignen der Welt finden. Ganz elementar beginnen die Wege der Erklärung der Welt mit den einfachen Dingen wie: „Sonne. Himmel. Gras …“ Dafür müssen aber immer wieder neue Worte und neue Bilder gefunden werden, denn wir und unsere Welt sind in einem ständigen Wandel begriffen. Der Prozess des „Übergangs“ ist die einzige „Stabilität“.
Marlies Obier und Ewa Zygalska haben sich diesem Thema der Übergänge des Lebens vor dem Hintergrund ihrer je eigenen biografischen Bezüge und ihrer je eigenen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten verschrieben, haben die Realität Polens und Deutschlands in der Spannung von Eigenem und Fremden, Austausch und Abgrenzung, Geschichte und Gegenwart dargestellt. Übergänge sind auf neue Weise dargestellt und auf neue Weise zu entziffern: Dafür und deshalb leben wir!
DLATEGO LEBEN WIR
EIN DEUTSCH-POLNISCHER DIALOG
EVANGELISCHE AKADEMIE ISERLOHN
MARTINIKIRCHE SIEGEN
2004
1.
„slow5wörter“  Buch von Ewa Zygalska (Ewa Stawiarska-Zygalska)